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Nach der WM ist vor der EM

Nein, ich will nicht über das Aus der deutschen Mannschaft schreiben. Zu viel musste ich darüber lesen, hören, sehen. Hätte „die Mannschaft“ nur ein Tor mehr geschossen oder weniger kassiert, hätte sich ja auch möglicherweise der Flickenteppich des Trainerteams zu einem fliegenden Teppich und ungeahnten Höhenflügen im arabischen Kontext erheben können. Dann wäre „die Mannschaft“ möglicherweise erst später rausgeflogen – mit der Lufthansa-Maschine mit dem aufgedruckten Slogan „diversity wins“ zwischen den Flügeln.

Und überhaupt: Fußball lebt auch von Niederlagen. Denn ohne Niederlagen wäre die Faszination rund um den Fußball kaum denkbar. Alle WM-Mannschaften haben mindestens einmal verloren. Sogar die Argentinier! Am Ende siegte der Fußball im Wesentlichen aufgrund dieses tollen Endspiels. 

Niederlagen gab es bei dieser WM aber nicht nur auf dem Platz: Dass Geld den Welt-Fußball regiert, wurde noch kristallklarer denn je. Dass Öl-Geld die europäischen Ligen vehement beeinflusst, ebenso. Die ausufernde wie hilflose Aktion, Reaktion und Diskussion um die „One-Love-Binde“ wurde im arabischen Raum als Generalaburteilung aufgefasst und als Ausgrenzung empfunden – womit ich die Menschenrechtsverletzungen und Homophobie in keiner Weise relativiere.

All das wird eine Bürde für die EM 24! Denn da wird nicht nur der Gastgeber Deutschland unter Druck stehen, sondern ganz Europa. Der Kontinent, auf dem die ohnehin unter Druck stehenden Demokratien ihre Toleranz und „diversity wins“-Losungen unter Beweis stellen müssen. In Europa, wo viele Migranten zur Bevölkerung gehören und genau beobachten werden, wie den zunehmenden Tendenzen von Demokratiefeindlichkeit, Rechtsradikalismus, Rassismus und Antisemitismus bis dahin begegnet wird.

Und am Ende steht die nicht zu unterschätzende Frage im Raum: Wie können die Fans zurückgewonnen werden? Viele haben sich nicht nur von „der Mannschaft“ entfernt, sondern auch von ihren Vereinen. Mannschaften mit mehr Bodenständigkeit und weniger Geld erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Mal abgesehen vom offensichtlich nicht mehr vorhandenen Sieger-Gen der deutschen Mannschaft: Wir sollten uns zunächst demütig auf die Gastgeberrolle konzentrieren – da bin ich ganz bei Philipp Lahm – und Freude an den europäischen Fan-Begegnungen haben. Ein entsprechendes Kulturprogramm gehört auch dazu. Vielleicht wird die EM 24 ja dann doch ein Fest in der Festung europäischer Demokratien.

Jürgen Zielinski ist EM-Botschafter Leipzig für Kultur, Regisseur, Dramaturg, Kurator und war 18 Jahre lang Intendant des Theaters der Jungen Welt in Leipzig.

Dieser Beitrag erschien zuvor in der Ausgabe 01/2023 des Sportstadt Leipzig Magazins.

Fotoquelle: Sportstadt Leipzig
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